Übersetzen von Abkürzungen

Ilona Riesen

Übersetzung von Abkürzungen bereitet angehenden und erfahrenen Übersetzern häufig Schwierigkeiten. Jedoch gehört es zu den Fähigkeiten, die der Übersetzer im Laufe seiner Ausbildung erwerben muss: Recherchieren von unbekannten oder unklaren Begriffen und der dazugehörigen existierenden Übersetzungen bzw. eigenstädniges Erstellen solcher Übersetzungen.

Das übliche Vorgehen dabei ist:

  1. Recherchieren der Abkürzung und der vollständigen Bezeichnung der abgekürzten Institution usw. in der Ausgangssprache (AS).

  2. Suche nach bereits bestehenden Übersetzungen dieser vollständigen Bezeichnung über Wikipedia, die eigene Website der Organisation, andere Online-Quellen.

  3. Wenn keine Übersetzung gefunden: eigenständiges Übersetzen der vollständigen Bezeichnung und Recherche, ob es diese oder ähnliche Bezeichnung in der Zielsprache (ZS) gibt.

  4. Anpassung der Übersetzung an die Rechercherergebnisse

  5. Für die IHK-Prüfung: Im Zieltext die vollständige Übersetzung übernehmen und in den Klammern die russische Abkürzung in lateinischer Schrift angeben, z. B. РСПП wird zu Russischer Industriellen- und Unternehmerverband (russ. Abk. RSPP).
    Wichtig: Keine kyrillischen Buchstaben im deutschen Text!

Für die Übersetzung ins Russische gilt gleiches Vorgehen, mit dem Unterschied, dass lateinische Buchstaben/Abkürzungen in einem russischen Text durchaus auftauchen dürfen: Die deutsche Abkürzung darf also in Klammern angegeben werden, z. B. (нем. сокр. RSPP).

Grundsätzlich gilt, dass man keine eigenen Abkürzungen in der ZS ausdenken, sondern nur die Abkürzungen übernehmen sollte, die es bereits gibt. Wenn die vollständige Bezeichnung eigenständig übersetzt wurde, kann man, wie oben erwähnt, die ausgangssprachliche Abkürzung mitangeben oder eine Abkürzung komplett weglassen. Denn eine neu eingeführte Abkürzung in der Zielsprache bedeutet eine Wortschöpfung, die mit Vorsicht gehandhabt werden sollte und sich in der Regel nur lohnen kann, wenn es um die Übersetzung eines längeren, nachhaltig einzusetzenden Textes geht.

Quelle: Ilona Riesen, 2021, Lehrbuch der Wirtschafts- und Rechtsübersetzung Russisch – Deutsch. Theoretisches Fachwissen und praktische Übungen, BDÜ Fachverlag